Bundeskanzler fordert ständige militärische Bereitschaft
Bundeskanzler Friedrich Merz hat eine eindringliche Warnung hinsichtlich der aktuellen Verteidigungspolitik des Landes ausgesprochen und erklärt, Frieden und Freiheit in Deutschland seien keine Selbstverständlichkeit. Bei seinem Antrittsbesuch als Regierungschef bei der Bundeswehr sprach Merz vor Soldaten und Kommandeuren des neu eingerichteten Einsatzkommandos im brandenburgischen Schwielowsee und betonte die Notwendigkeit verstärkter militärischer Investitionen und einer besseren militärischen Bereitschaft angesichts der anhaltenden geopolitischen Instabilität in Europa.
Vor dem Hintergrund des anhaltenden russischen Krieges in der Ukraine betonte Merz, Deutschland müsse zur Verteidigung bereit sein. „Wir wollen uns verteidigen können, damit wir es nie müssen“, sagte er. Seine Äußerungen markieren einen wichtigen Moment in der deutschen Sicherheitspolitik und unterstreichen den Trend zu langfristiger Wiederaufrüstung und engerer militärischer Abstimmung mit den Nato-Verbündeten.
Neues Kommandozentrum wird zum Symbol der Militärreform
Der Besuch der Bundeskanzlerin fand im Rahmen des bundesweiten „Tages der Bundeswehr“ statt, an dem Militäreinheiten in ganz Deutschland ihre Türen für die Öffentlichkeit öffneten. Der Standort Schwielowsee bei Potsdam bildet das Herzstück des neuen gemeinsamen Einsatzkommandos der Bundeswehr. Die Einrichtung, die im April 2025 in Betrieb genommen wurde, koordiniert nun die nationalen und internationalen Missionen Deutschlands, überwacht die Operationsplanung aller Teilstreitkräfte – Heer, Marine, Luftwaffe und Cyber Command – und fungiert als zentrales Bindeglied zur NATO, den EU-Partnern und den zivilen Behörden.
Generalinspekteur der Bundeswehr, General Carsten Breuer, und Generalleutnant Alexander Sollfrank, Kommandeur des Einsatzkommandos, begrüßten die Bundeskanzlerin. In ihrer Lagebesprechung gaben sie einen detaillierten Überblick über die vielfältigen Aufgaben des Kommandos, darunter die Reaktion auf hybride Bedrohungen im Ostseeraum sowie die laufenden Bundeswehreinsätze im Nahen Osten – insbesondere in Jordanien, Irak und Libanon.
Das Kommando spielt auch eine strategische Rolle im deutschen „Operationsplan Deutschland“, der militärischen Komponente der nationalen Verteidigungsplanung, und ist als zentraler logistischer Knotenpunkt in der östlichen Verteidigungsarchitektur der NATO positioniert.
Haushaltserweiterung und NATO-Verpflichtungen
In seiner Rede bekräftigte Merz Deutschlands Entschlossenheit, die Verteidigungsausgaben drastisch zu erhöhen. Auf dem jüngsten Nato-Gipfel in Den Haag hatte Deutschland zugesagt, fünf Prozent seines BIP in die nationale Sicherheit zu investieren – 3.5 Prozent für die militärische Verteidigung und weitere 1.5 Prozent für kritische Infrastruktur.
Der deutsche Verteidigungshaushalt wurde bereits deutlich erhöht. Von 74.5 Milliarden Euro im Jahr 2024 soll der geplante Haushalt in diesem Jahr 115.7 Milliarden Euro erreichen. Prognosen gehen von einem weiteren Anstieg auf 152.8 Milliarden Euro bis 2029 aus. Diese Erhöhungen sind nicht nur finanzielle Signale, sondern auch politische Wegweiser für Deutschlands strategischen Kurswechsel in einem zunehmend feindlichen globalen Umfeld.
Merz betonte, dass finanzielle Mittel allein nicht ausreichten. „Starke Streitkräfte brauchen mehr als Geld und Waffen. Sie brauchen effiziente Führungsstrukturen“, erklärte er. Das Einsatzkommando bezeichnete er als „operatives Herz“ der Bundeswehr, in dem alle Fäden zusammenlaufen – sei es in der Territorialverteidigung, in der Bündnisverantwortung oder bei internationalen Kriseneinsätzen.
Ehrung gefallener Soldaten und ein Versprechen der Anwesenheit
Zum Abschluss seines Besuchs erwies Bundeskanzler Merz im „Wald der Erinnerung“, einer Gedenkstätte für die in Auslandseinsätzen gefallenen Bundeswehrangehörigen, seinen Respekt. In feierlicher Besinnung legte er eine weiße Rose nieder und verharrte schweigend vor den Stelen mit den Namen von 119 gefallenen Soldaten. Diese Geste diente zugleich dem Gedenken und der Erinnerung an die menschlichen Opfer, die Deutschlands internationales Engagement gefordert hat.
Merz bekräftigte zudem seine Absicht, während seiner Amtszeit eng mit den Streitkräften zusammenzuarbeiten. Er versprach, weiterhin regelmäßig Bundeswehrstandorte zu besuchen, so wie er es zuvor als Oppositionsführer getan hatte, und erklärte, er werde den offenen Kontakt zu den Soldaten im ganzen Land aufrechterhalten.
Strategischer Fokus geht über Deutschland hinaus
Die Äußerungen des Bundeskanzlers erfolgten nur wenige Wochen, nachdem er gemeinsam mit Verteidigungsminister Boris Pistorius der offiziellen Stationierung der deutschen Panzerbrigade 45 im litauischen Vilnius beigewohnt hatte. Die Panzerbrigade, die dauerhaft an der Ostflanke der NATO stationiert ist, spielt eine Schlüsselrolle in der Abschreckungsstrategie der NATO. Ihre Präsenz in Litauen unterstreicht Deutschlands langfristiges Engagement für die kollektive Verteidigung gemäß Artikel 5 der NATO-Charta.
Deutschlands zunehmende Führungsrolle im europäischen Verteidigungsökosystem spiegelt eine umfassende Neuausrichtung seiner Militärdoktrin aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wider. Die Rückkehr groß angelegter Kriege auf dem Kontinent hat die Bemühungen beschleunigt, die Bundeswehr zu modernisieren, die Interoperabilität mit den NATO-Partnern zu verbessern und sich auf Szenarien vorzubereiten, die noch vor wenigen Jahren unwahrscheinlich schienen.
In seiner Rede zog Merz eine klare Linie zwischen militärischer Stärke und ziviler Sicherheit: „Was Sie hier leisten, ist grundlegend für unser Leben in Freiheit, Frieden und Wohlstand.“ Diese Aussage bringt den wachsenden Konsens in der deutschen politischen Führung zum Ausdruck, dass Landesverteidigung keine abstrakte politische Angelegenheit mehr ist, sondern eine konkrete Notwendigkeit des täglichen Lebens.