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Mehrheit der Deutschen befürwortet Rückkehr zur Atomkraft

by WeLiveInDE
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Die öffentliche Meinung verschiebt sich zugunsten der Kernenergie

Zwei Jahre nach der Abschaltung der letzten deutschen Atomkraftwerke wächst die Zustimmung zur Rückkehr zur Atomenergie. Eine aktuelle repräsentative Umfrage des Instituts Innofact im Auftrag des Verbraucherportals Verivox zeigt, dass mittlerweile 55 Prozent der Befragten eine Wiedereinführung der Atomkraft in Deutschland befürworten. Nur 36 Prozent lehnen die Idee ab, neun Prozent sind unentschlossen.

Die Ergebnisse deuten auf einen deutlichen Stimmungswandel in der Bevölkerung hin, seit Deutschland im April 2023 seinen Atomausstieg abgeschlossen hat. Der Ausstieg war ursprünglich für Dezember 2022 geplant, wurde aber aufgrund der durch den russischen Einmarsch in die Ukraine ausgelösten Energiekrise um einige Monate verlängert. Angesichts anhaltender Sorgen um die Energiesicherheit und steigender Kosten überdenken nun immer mehr Deutsche die Entscheidung, vollständig aus der Atomenergie auszusteigen.

Regionale und demografische Unterschiede in der Unterstützung

Besonders hoch ist die Zustimmung zur Kernenergie bei Männern: 62 Prozent befürworten sie, bei Frauen sind es nur 47 Prozent. Regional gesehen kommt die stärkste Zustimmung aus Ostdeutschland (61 Prozent) und Süddeutschland (59 Prozent). Etwas schwächer ist die Zustimmung dagegen in Westdeutschland (49 Prozent) und Norddeutschland (51 Prozent).

Der Umfrage zufolge befürworten 32 Prozent der Befragten sowohl die Wiederinbetriebnahme der kürzlich stillgelegten Atomkraftwerke als auch den Bau neuer Anlagen. Weitere 22 Prozent plädieren dafür, nur die zuletzt abgeschalteten Reaktoren wieder in Betrieb zu nehmen.

Die politischen Parteien sind sich in dieser Frage uneinig

Das Thema Atomenergie ist im Zuge der laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD wieder in die politische Debatte eingetreten. Die CDU unter Friedrich Merz schlägt vor, zu prüfen, ob die stillgelegten Atomanlagen unter vertretbaren finanziellen und technischen Bedingungen reaktiviert werden können. Ihr Plan sieht außerdem die Möglichkeit vor, den Rückbau von sechs stillgelegten Anlagen während der Durchführung von Machbarkeitsstudien auszusetzen.

Die SPD lehnt dagegen die Rückkehr zur Atomenergie ab. Alexander Schweitzer, Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und SPD-Verhandlungsführer, erklärte, es gebe keinen realistischen Weg für neue oder wieder in Betrieb genommene Atomkraftwerke. Er betonte das mangelnde Interesse der Energiekonzerne und bezeichnete die Debatte als weitgehend symbolisch und losgelöst von der aktuellen Energiepolitik.

Grüne kritisieren Konjunkturpläne als unrealistisch

Franziska Brantner, Vorsitzende der Grünen, warnte davor, Milliarden Euro in die Atominfrastruktur zu lenken. Im Welt-TV argumentierte sie, diese Mittel seien besser für die Entwicklung erneuerbarer Energien, Speicherlösungen und Wasserstofftechnologien eingesetzt. Brantner drängte auf Kontinuität in der Energiepolitik und argumentierte, Deutschland müsse nach der Abkehr von ausländischem Gas eine neue Abhängigkeit von importiertem Kernbrennstoff vermeiden.

Sie betonte, dass Deutschland bereits auf einem gangbaren Weg in Richtung erneuerbarer Energien sei und dass ständige politische Kehrtwenden sowohl das Vertrauen der Bevölkerung als auch die wirtschaftliche Stabilität untergraben.

Auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke lehnte den Vorschlag der CDU ab und bezeichnete ihn als realitätsfern. Sie wies darauf hin, dass der Rückbau der Atomanlagen bereits im Gange sei, und warnte vor rechtlichen, wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Risiken, sollte dieser Prozess rückgängig gemacht werden. Lemke bezeichnete die Idee, alte Reaktoren zu verstaatlichen und weiter zu betreiben, als „bizarren Vorschlag“.

Energiepolitik bleibt ein kontroverses Thema

Die Debatte um die Kernenergie polarisiert weiterhin die politische Landschaft. Während konservative Politiker angesichts der globalen Energievolatilität für eine Diversifizierung der Energieversorgung und eine Neubewertung der Kernenergie plädieren, betonen Gegner die finanziellen Belastungen, die langfristigen Risiken und die regulatorischen Herausforderungen, die mit einer Umkehr des Ausstiegs verbunden sind.

Die rechtsextreme AfD setzt sich entschieden für eine Wiederbelebung der Atomkraft ein. Parteivorsitzende Alice Weidel forderte die Reaktivierung stillgelegter Reaktoren und weitere Investitionen in die Kernenergie der nächsten Generation.

Trotz dieser politischen Differenzen zeigt die Umfrage auch in einem anderen Punkt breiten Konsens: dem Ausbau erneuerbarer Energien. Eine Mehrheit von 57 Prozent der Befragten befürwortet weiterhin starke Investitionen in Solar-, Wind- und andere saubere Technologien. Nur 17 Prozent lehnen diese Richtung ab.

Thorsten Storck von Verivox stellte fest, dass viele Deutsche Atomenergie und erneuerbare Energien nicht mehr als Gegensätze betrachten. Vielmehr sehen immer mehr Bürger die Notwendigkeit eines diversifizierten und verlässlichen Energiemix.

Öffentliche Debatte dürfte sich verschärfen

Angesichts anhaltend hoher Energiepreise und drohender Klimaziele ist die Diskussion über die Zukunft der deutschen Energieversorgung noch lange nicht beendet. Obwohl der Atomausstieg rechtlich und technisch weit fortgeschritten ist, könnte die zunehmende öffentliche Unterstützung die künftige politische Agenda beeinflussen. Der Rückbau von Reaktoren geht zwar weiter, doch die Frage nach der Rolle der Kernenergie in Deutschlands Zukunft bleibt aktuell und politisch brisant.

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