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Justizminister nimmt Schlupflöcher bei möblierten Mietwohnungen ins Visier

by WeLiveInDE
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Regierung wehrt sich gegen versteckte Mieterhöhungen

Bundesjustizministerin Stefanie Hubig hat Pläne angekündigt, die Regulierung möblierter Mietwohnungen in Deutschland zu verschärfen. Der Schritt erfolgt als Reaktion auf wachsende Bedenken, dass Vermieter Gesetzeslücken ausnutzen, um die Mietpreisbremse zu umgehen – den bundesweiten Mechanismus zum Schutz von Mietern in stark nachgefragten Gegenden.

Obwohl der Bundestag die Mietpreisbremse kürzlich bis 2029 verlängert hat, ist deutlich geworden, dass ihre Wirksamkeit durch irreführende Möblierungspraktiken untergraben wird. Viele Vermieter vermarkten Wohnungen als „möbliert“, um Mieterhöhungen weit über die gesetzliche Grenze hinaus zu rechtfertigen. Dies hat sowohl von politischen Entscheidungsträgern als auch von Mieterverbänden Forderungen nach Regulierungsmaßnahmen ausgelöst.

Minimale Möblierung rechtfertigt hohe Mieten

Nach den geltenden Vorschriften begrenzt die Mietpreisbremse die Anfangsmiete bei Neuvermietungen auf maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Miete in ausgewiesenen Wohnungsmangelgebieten. Obwohl die Regelung formal sowohl für möblierte als auch für unmöblierte Wohnungen gilt, dürfen Vermieter einen Aufpreis für die Möblierung verlangen. Entscheidend ist, dass sie diesen Aufpreis nicht separat im Mietvertrag ausweisen müssen. Mieter können daher nur schwer beurteilen, ob die Mehrkosten gerechtfertigt sind.

Ministerin Hubig kritisierte diese Gesetzeslücke scharf. „Es kann nicht sein, dass jemand zwei Stühle und einen Tisch in ein Zimmer stellt und behauptet, die Miete müsse Hunderte Euro höher sein“, sagte sie in einem Interview. Sie betonte, der Unterschied zwischen einer voll ausgestatteten Wohnung und einer nur minimal möblierten Wohnung müsse rechtlich transparent gemacht werden.

Die Ministerin berichtete von ihren eigenen Erfahrungen mit teilmöblierten oder gemischt genutzten Wohnungen in Berlin zu überhöhten Preisen. Sie schloss: „Es handelt sich hier um ein systematisches Problem, nicht um ein isoliertes Fehlverhalten.“

Forderung nach klaren Begrenzungen der Möbelgebühren

Hubig will nun klarere Kriterien dafür schaffen, was eine angemessene Möblierung ausmacht und wie viel Vermieter dafür verlangen dürfen. Ihr Ministerium erarbeitet derzeit Gesetzesvorschläge, die strenge Bedingungen für die Erhebung zusätzlicher Kosten für Möbel festlegen sollen.

Ziel ist es, dass nur noch wirklich bezugsfertige Wohnungen – also solche mit voll ausgestatteter Küche, Schlafbereich und Wohnzimmer – aufgrund der Möblierung einen höheren Mietpreis verlangen können. Eine einfache Ausstattung mit eingeschränkter Nutzbarkeit soll keinen Grund mehr für überhöhte Aufschläge darstellen.

Sie stellte klar, dass nicht alle möblierten Mieten problematisch seien. „Wenn ein Vermieter eine gut möblierte Wohnung zu einem fairen Preis anbietet, ist das völlig akzeptabel. Wir werden jedoch keine versteckten Mieterhöhungen dulden, die als Möblierungsboni getarnt sind.“

Mieterverbände begrüßen Reformbemühungen

Der Deutsche Mieterbund (DMB) begrüßte die Ankündigung, nachdem er die Ausnutzung von Schlupflöchern im Möbelbereich schon lange kritisiert hatte. DMB-Präsident Lukas Siebenkotten bezeichnete die aktuelle Situation als „großes Problem“ und sprach sich für strengere Regeln aus, um Mieter vor ungerechtfertigten Kosten zu schützen.

Besonders dringlich ist das Problem in Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt. Viele Mieter, insbesondere jüngere oder mobile Berufstätige, sind auf möblierte Mietwohnungen angewiesen, um flexibel zu bleiben. Dies hat ein lukratives Segment für Vermieter geschaffen, die zunehmend auf teilmöblierte Modelle umsteigen, die es ihnen ermöglichen, die Preise zu erhöhen, ohne die geltenden Gesetze zu beachten.

Starke Mietsteigerungen verstärken den Druck

Daten des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) unterstreichen die zunehmende Schwere des Problems. Seit 2015 sind die Mieten in den 14 größten Städten Deutschlands durchschnittlich um fast 50 Prozent gestiegen. Den stärksten Anstieg verzeichnete Berlin, wo sich die Durchschnittsmieten mehr als verdoppelten (+107 Prozent). Auch Leipzig (+67.7 Prozent) und Bremen (+57 Prozent) verzeichneten deutliche Spitzen.

Selbst Städte mit vergleichsweise moderaten Veränderungen wie Dresden (+28.4 Prozent) spüren die steigenden Mieten. Als Hauptursache nennen Immobilienanalysten den anhaltenden Mangel an Wohnraum. Laut Statistischem Bundesamt ist die Zahl der Neubauten in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Dieser Rückgang, gepaart mit einer hohen Nachfrage, treibt die Preise weiter nach oben.

Als Reaktion darauf hat die Koalition der Bundesregierung die Initiative „Bauturbo“ auf den Weg gebracht, die Stadtplanungsprozesse beschleunigen soll. Die Initiative zielt darauf ab, den Wohnungsbau durch vereinfachte kommunale Verfahren voranzutreiben. Experten warnen jedoch, dass es Jahre dauern könnte, bis spürbare Erleichterungen auf den Markt kommen.

Verlängerung der Mietpreisbremse bietet nur begrenzte Erleichterung

Die Verlängerung der Mietpreisbremse bis 2029 bietet zwar einen regulatorischen Rahmen zur Kontrolle der Mieten, ihre Wirkung bleibt jedoch begrenzt, solange Ausnahmen und Unklarheiten bestehen bleiben. Immobilien, die nach dem 1. Oktober 2014 erstmals vermietet wurden, sowie solche, die umfassend renoviert wurden, bleiben weiterhin von der Regelung ausgenommen. Diese Ausnahmen, zusammen mit dem unregulierten Möblierungszuschlag, untergraben die ursprüngliche Absicht des Gesetzes.

Der Vorschlag von Minister Hubig signalisiert einen Wandel hin zu strengerer Durchsetzung und Rechenschaftspflicht. Durch die Beseitigung ausbeuterischer Praktiken und mehr Transparenz bei der Preisgestaltung für möblierte Wohnungen hofft die Regierung, das Vertrauen in die Mietpreisbremse wiederherzustellen und Mietern, die mit steigenden Wohnkosten konfrontiert sind, echte Erleichterung zu verschaffen.

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