Deutschland hat seine Position in den Top Ten der von Reporter ohne Grenzen (RSF) veröffentlichten weltweiten Rangliste der Pressefreiheit verloren und ist im Jahr 10 vom 11. auf den 2025. Platz abgerutscht. Während die Gesamtlage in Deutschland noch als stabil gilt, verdeutlicht die Herabstufung die wachsende Sorge um die Sicherheit und Unabhängigkeit von Journalisten, insbesondere derjenigen, die über rechtsextreme Gruppen und polarisierende internationale Themen berichten.
Laut RSF geht es bei der Verschiebung weniger um eine wesentliche Verschlechterung der Lage innerhalb Deutschlands selbst, sondern vielmehr um verbesserte Bedingungen für die Presse in anderen Ländern. Die Organisation betont jedoch, dass die wachsende Feindseligkeit gegenüber Journalisten, insbesondere aus politisch extremistischen Kreisen, zu einem immer dringlicheren Problem werde.
Eskalierende Feindseligkeit gegenüber Journalisten in Deutschland
RSF weist insbesondere auf die wachsenden Risiken für Reporter hin, die über Rechtsextremismus und Parteien wie die Alternative für Deutschland (AfD) recherchieren oder berichten. Journalisten berichten, als Feinde abgestempelt, bedroht und beleidigt worden zu sein und körperliche Angriffe befürchten zu müssen. Dieses feindselige Klima beeinträchtigt die journalistische Freiheit und ist ein wesentlicher Grund für Deutschlands Abstieg im Ranking.
Die Organisation weist außerdem darauf hin, dass Journalisten, die über den Nahostkonflikt berichten, mit unverhältnismäßigen redaktionellen Hürden konfrontiert sind. Zahlreiche Berichte beschreiben erhebliche Hindernisse bei der Berichterstattung über sensible internationale Themen. Bedenken hinsichtlich des Zugangs, redaktioneller Druck und Sicherheitsrisiken prägen das Arbeitsumfeld in Redaktionen.
Der globale Rückgang der Pressefreiheit erreicht einen historischen Tiefstand
Das von RSF gezeichnete globale Gesamtbild ist zutiefst besorgniserregend. Der World Press Freedom Index 2025 verzeichnet die schlechtesten globalen Bedingungen seit Einführung des Rankings. Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt mittlerweile in Ländern, in denen RSF die Lage der Presse als „sehr ernst“ einstuft. In 90 der 180 untersuchten Länder wird die Mediensituation entweder als „schwierig“ oder „sehr ernst“ beschrieben.
Europa bleibt die Region mit der höchsten Pressefreiheit. Weltweit erhielten in diesem Jahr nur sieben Länder die Bewertung „gut“, allesamt europäische. Norwegen führt den globalen Index weiterhin an, gefolgt von Estland, den Niederlanden und Schweden. Außerhalb Europas belegen Neuseeland (Platz 16) und Trinidad und Tobago (Platz 19) die Spitzenplätze.
Am Ende der Liste stehen Länder, in denen die Pressefreiheit massiv eingeschränkt ist. Eritrea belegt weiterhin den letzten Platz (180), gefolgt von Nordkorea, China und Syrien. RSF weist darauf hin, dass in vielen dieser Länder der unabhängige Journalismus systematisch unterdrückt wird und Journalisten mit Gefängnis, Gewalt oder Tod rechnen müssen.
Wirtschaftlicher Druck bedroht das Überleben des Journalismus
Ein weiterer Faktor, der die Pressefreiheit weltweit untergräbt, ist die finanzielle Lage des Journalismus. RSF berichtet, dass Medienunternehmen in 160 Ländern um ihre wirtschaftliche Überlebensfähigkeit kämpfen. Diese finanzielle Instabilität beeinträchtigt ihre Fähigkeit, unabhängig zu agieren und die Mächtigen zur Rechenschaft zu ziehen.
RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus warnt: „Autoritäre Führer betrachten unabhängigen Journalismus als Bedrohung.“ Der wirtschaftliche Druck auf die Medien sei Teil einer umfassenderen Strategie, den Fluss wahrheitsgetreuer Informationen einzuschränken. Sie betont: „Wenn der Journalismus finanziell lahmgelegt ist, gibt es niemanden mehr, der Unwahrheiten, Desinformation und Propaganda aufdeckt.“
Die wirtschaftliche Dimension des Pressefreiheitsindexes erzielt weiterhin die niedrigsten Werte in allen bewerteten Kategorien, darunter Politik, Recht, Wirtschaft, soziokultureller Kontext und Sicherheit. RSF fordert eine stärkere Unterstützung der finanziellen Grundlage des Journalismus, um seine Kontrollfunktion in demokratischen Gesellschaften zu erhalten.
Globale Trends unterstreichen regionale Unterschiede
Die Kluft zwischen Europa und dem Rest der Welt vergrößert sich weiter. In Lateinamerika mussten mehrere Länder erhebliche Rückschritte hinnehmen. Argentinien verlor nach der Auflösung einer großen staatlichen Nachrichtenagentur viele Plätze im Ranking. Mexiko bleibt für Journalisten außerhalb aktiver Kriegsgebiete das gefährlichste Land.
In den USA berichtet RSF von einem wachsenden pressefeindlichen Klima, das durch Kürzungen der öffentlichen Medienfinanzierung und eine zunehmende politische Polarisierung noch verstärkt wird. Dieser Trend greift auch auf andere Regionen über und beeinflusst politische Maßnahmen, die die Pressefreiheit weltweit weiter untergraben.
Afrika und Asien kämpfen weiterhin mit erheblichen wirtschaftlichen und politischen Einschränkungen für den Journalismus. Der Nahe Osten und Nordafrika gelten als die gefährlichsten Regionen für Medienschaffende, insbesondere aufgrund der hohen Zahl an Journalistentoten im Gazastreifen infolge israelischer Militäroperationen. Sowohl Israel als auch die palästinensischen Gebiete fielen in diesem Jahr im Ranking zurück.
Deutschland bleibt ein wichtiger Akteur, steht aber vor internen Herausforderungen
Obwohl Deutschland im weltweiten Vergleich weiterhin eine Hochburg der Pressefreiheit ist, sollten die internen Herausforderungen nicht unterschätzt werden. Der Abstieg des Landes auf Platz 11 mag im Kontext globaler Repressionen gering erscheinen, dient aber als Warnsignal. Das Umfeld für Medienschaffende wird immer komplexer und ist geprägt von politischer Polarisierung, internationalen Spannungen und der anhaltenden wirtschaftlichen Instabilität der Medien.
Der Rückgang unterstreicht auch die dringende Notwendigkeit stärkerer Schutzmaßnahmen für Journalisten, einer transparenteren Politik im Bereich der redaktionellen Unabhängigkeit und einer nachhaltigen Unterstützung finanziell gefährdeter Medieninstitutionen.
Angesichts der fortschreitenden Veränderungen in der globalen Landschaft der Pressefreiheit hängt Deutschlands Rolle als Vorbild für demokratische Medienstandards nicht nur von der Aufrechterhaltung eines Rechtsrahmens für die Pressefreiheit ab, sondern auch davon, den Bedrohungen, die diese Freiheit von innen heraus bedrohen, aktiv entgegenzutreten.